Präsenzseminar in Corona-Zeiten

Präsenzseminar in Corona-Zeiten

Wie läuft es eigentlich gerade in der Uni?
Hier ist mein Erlebnisbericht von meinem Präsenzseminar in Corona-Zeiten.

Normalerweise schlägt mir beim Öffnen der Tür zum Gebäude 23 schon das Stimmengewirr und Geschirrgeklapper aus der Cafeteria entgegen. Doch heute ist es totenstill und leer, die schönen neuen Bänke sind mit rot-weißem Spannband abgesperrt. Ich desinfiziere mir die Hände – überall stehen Spender – und sehe, dass jemand einen Stuhl in die Hörsaaltür gestellt hat, damit nicht jeder die Klinke anfassen muss. Wie umsichtig.

Ich bin wie immer zu früh, doch einige Studenten sind schon da. Nur jeder 7. Platz darf belegt werden und ist mit einer Nummer versehen. 20 Personen in einem Hörsaal für 450, das ist schon ein merkwürdig gleichmäßig verteiltes Auditorium. Alle tragen einen Mundnasenschutz, niemand spricht. Die noch hereinkommen, huschen auf einen gekennzeichneten Platz und schauen erwartungsvoll. Der Hörsaal ist riesig, neu, hat eine tolle Akustik und erinnert mehr an einen noblen Konzertsaal. Es riecht frisch geputzt. Ich frage mal so in die Runde, wie sie den so durch die Corona-Zeit kommen. Es gibt ein bisschen Gelächter, weil ich durch die Maske hindurch gefragt habe, also eher gemurmelt. Ja, hier auf der Bühne vor der Tafel darf ich sie abnehmen. Und meine Teilnehmer auch.

Eine Studentin macht den Anfang: Sie sei so froh gewesen, ein Präsenzseminar im Vorlesungsverzeichnis zu finden. Die anderen stimmen zu: In ihrem Wohnheimzimmer fiele ihnen langsam die Decke auf den Kopf, die Webseminare seien anfangs ja sehr bequem gewesen, aber mittlerweile sehne man sich doch danach, wieder richtige Menschen zu sehen, wenn auch auf Abstand. Da zwischen den belegbaren Plätzen immer Reihen frei bleiben, haben meine Studenten kaum Blickkontakt, auch wenn sie sich zu den anderen umdrehen.

Trotzdem entsteht eine richtig gute Seminaratmosphäre. Allen ist anzumerken, dass sie gern hier sind und ebenso gern mitmachen. Am Schluss frage ich, wie es denn nun in der nächsten Woche weitergehen soll. Wir sind uns einig: Es hat alles so gut geklappt, wir machen so weiter. Und beim Rausgehen denke ich, dass wir heute erfolgreich dem Virus die Stirn geboten und mit Disziplin und gutem Willen der Corona-Zeit ein kleines Stückchen Normalität abgetrotzt haben.

Comments are closed.